Nasse Vorsorge

Ein Leben mit der Flut

Die Unwetter im Juli 2021 führten zu anhaltenden Hochwasserpegeln an den Juraseen. Dadurch bedingte Überschwemmungen führten zu Schäden an Gebäuden und an Infrastruktur. Mobile Massnahmen wie Schlauchdämme oder Sandsacksysteme können Gebäude zwar kurzfristig vor Schäden schützen, halten aber einer längeren Beanspruchung durch Grundwasseraufstoss und Seehochwasser nicht stand.

Egli Engineering wurde damit beauftragt konkrete Lösungsvorschläge für ein Leben mit der Flut auszuarbeiten.

Um ein Gebäude vor Hochwasser zu schützen, stehen drei mögliche Schutzkonzepte zur Wahl:

  • Abschirmung: Das Wasser wird durch Schutzwälle o.ä. vom Gebäude ferngehalten.
  • Abdichtung: Das Gebäude wird wasserdicht gemacht. Wasser fliesst bis an das Gebäude aber nicht hinein.
  • Nasse Vorsorge: Der Innenausbau wird so ausgestaltet, dass eintretendes Wasser möglichst wenig Schaden anrichtet

Abbildung 1: Objektschutzkonzepte nach Wegleitung Objektschutz gegen gravitative Naturgefahren, VKF (2005)

 

Massnahmen zur Abschirmung kamen beim vorliegenden Projekt aufgrund der Risiken im Bewilligungsprozess (Uferschutzzone) nicht in Frage. Um das Gebäude abzudichten, hätten sehr viele Eintrittsstellen (Türen, Fenster, Veranda, Kanalisation, Leitungsdurchbrüche) wasserdicht ausgeprägt werden müssen. Aufgrund der hohen Anzahl solcher Schwachstellen in Kombination mit möglicher Einstaudauer von mehreren Tagen bis Wochen musste von einer sehr hohen Versagenswahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Somit blieb als Konzept nur die Nasse Vorsorge.

Ziel der Nassen Vorsorge ist es, den Ausbau so zu gestalten, dass das Gebäude nach einer Überschwemmung innerhalb eines Tages wieder bewohnbar ist. Dazu wird eine Schutzkote festgelegt, unterhalb dieser sämtliche Gebäudeteile und Mobilien entweder einfach evakuier bar oder wasserunempfindlich sein müssen. In diesem Fall wurde die Kote eines Ereignisses gewählt, welches statistisch gesehen alle 300 Jahre vorkommt. Wellenschlag floss ebenfalls in die Berechnung mit ein.

 

Konkret bedeutet das für die folgenden Gebäudeteile:

  • Boden: Ersatz des Parkettbodens durch einen Aufbau mit Foamglas bitumiert mit Gussasphalt.
  • Innenwände: Teilersatz der Backsteinmauern durch Betonmauern, um die Infiltration und somit die Trockenzeit zu verringern
  • Fenster: Ersatz der Holzfensterrahmen durch nicht quellbare Metallrahmen
  • Aussendämmung: Ersatz durch wasserresistente Materialen
  • Elektroanschlüsse: Lage über Schutzkote
  • Küche: Anordnung oberhalb der Schutzkote oder mobil
  • Waschküche/Technikraum: Einrichtung sämtlicher Installationen über der Schutzkote

 

Abbildung 2: Bodenaufbau. Foamglas in Heissbitumen

 

Zusätzlich zu den baulichen Massnahmen wurde ein Notfallplan entwickelt, um ein schnelles Handeln im Ernstfall zu ermöglichen: Dazu wurden folgende Punkte geklärt:

  • Ab welchem Pegel bzw. ab welcher Prognose des Pegels am Bielersee wird die Wohnung geräumt?
  • Wer räumt die Wohnung?
  • Wann wird Strom/Wasser abgestellt?
  • Wann kann die Wohnung gereinigt werden? Wer reinigt diese?

Die baulichen Massnahmen dienen dazu, Schäden im Ereignisfall zu verhindern. Ein gut strukturierter Notfallplan minimiert Risiken für die Bewohner und ermöglicht nach dem Ereignisfall eine schnelle Rückkehr in ein normales Leben.

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